Lärmfeuer im Odenwald: nicht nur touristisches Brauchtum
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Wie alt ist der Brauch der Lärmfeuer?

Die Heimatforscher sind sich uneins, ob er tatsächlich auf die Zeit zurückgeht, als die Römer im Odenwald waren. Belege dafür gibt es nicht, jedoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit:

  • es gibt einen Berg namens Lärmfeuer bei Mossau, 502m hoch. Warum sollte jemand einen Hügel ohne Grund so eigenartig nennen?
  • es gibt eine Darstellung auf der Trajansäule in Rom mit einer bemannten Lärmfeuerstation: ein Feuerstapel, daneben Anzündholz und ein Limesturm.
  • Der Heimatforscher Friedrich Höreth beschreibt eine Lärmfeuerkette im Odenwald, mit Skizze. Entnommen hatte er diese Informationen alten Urkunden des Erbachischen Grafenhauses, wo er als Archivar arbeitete. Die Urkunden waren im Staatsarchiv Darmstadt aufbewahrt, das in der Bombennacht vom 11. auf den 12. September 1944 in Flammen aufging. Höreth aber hatte die Lärmfeuerdaten in den 20er Jahren abgeschrieben und – mit nach Hause genommen. So blieben die Kopien erhalten und belegen die historische Existenz der Lärmfeuer im Odenwald weit in die Vergangenheit, wenn auch nicht in die Römerzeit. Daher bezeichnet man die Lärmfeuer nicht als römischen Ursprungs.

Historische Signalübertragung

Dennoch ist es ein alter Brauch der Informationsübertragung: von Hügel zu Hügel flammt ein Feuer auf, etwa um vor einmarschierenden Feinden zu warnen. Vor Erfindung von Semaphoren und Telegrafie war dies eine effektive Methode, wesentlich schneller als reitende Boten. In den Kriegen des 16., 17, und 18. Jahrhunderts wurden die Lärmfeuer gezündet, desgleichen in den Revolutionsjahren bis Mitte des 19. Jahrhunderts.  „Lärmfeuer“ kommt von Alarm, was aus dem Französischen stammt und „zu den Waffen“ bedeutet.

Das Lärmfeuer-Projekt ist der Versuch, diese historische Kommunikationsmethode vor dem Vergessen zu bewahren, seit 2007 gibt es sie im Odenwald wieder. Feuer ist ein archaisches Element, das auf alle Menschen Faszination ausübt, die Veranstaltung der Odenwaldweiten Lärmfeuer etablierte sich schnell. Mit einem Feuer 2007 auf der Raidelbacher Höhe in Lautertal begann es, seither werden an etwa dreißig Orten im ganzen Odenwald an einem bestimmten Abend im Vorfrühling die Lärmfeuer entzündet. Der touristische Rahmen für die Lärmfeuer wurde ausgebaut, denn sie sollten nicht nur Spaß an knisternden Feuern darstellen, sondern der Region auch einen Nutzen in der Vorsaison bringen.
Viele Gemeinden und weitere Förderer tragen zum Gelingen bei, es gibt an jedem Ort ein eigenes Rahmenprogramm.

Vom Signalfeuer zum Brauchtumsfeuer

So wurden die historischen Signalfeuer zu Brauchtumsfeuern, ähnlich den Martinsfeuern und Osterfeuern. Das Regierungspräsidium Darmstadt gestattet diese nach vorheriger Anmeldung, die unteren Naturschutzbehörden der Kreise regeln die Bedingungen für den jeweiligen Standort, der Zeitpunkt wurde in Absprache mit ihnen auf den Vorfrühling, genauer auf den letzten Samstag der Winterzeit gelegt.

Bei solchen jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen treffen sich Bürger und Vereine, vor allem die Freiwilligen Feuerwehren, zu einem Fest. Diese Feuer unterliegen nicht dem Abfallrecht wie das Verbrennen pflanzlicher Abfälle auf landwirtschaftlichen Flächen oder Gartengrundstücken. Etliche Details zu Brandschutz, Aufsichtsperson und Sicherheitsabständen sind zu beachten. Ein entsprechendes Formular ist auf der unten angegebenen Internetseite zu finden.

Freiwillige Feuerwehren, Geschichtsvereine, Brauchtumsvereine, Gemeinden und einzelne Gastronomen laden am 30. März 2019 wieder zu den Odenwaldweiten Lärmfeuern ein. Mit Einbruch der Dunkelheit werden die Feuer entzündet und das Signal immer weitergegeben von Hügel zu Hügel. Die genaue Uhrzeit der Entzündung richtet sich nach Wetter und Rahmenprogramm der einzelnen Feuer-Veranstalter, jeder ist selbst verantwortlich für das Programm. Gemeinsam finanzieren alle die jährliche Infobroschüre, und im Internet sind die Veranstaltungen rund ums Lärmfeuer zu finden unter www.felsenmeerdrachen.de. Hier gibt es unter der Rubrik „Odenwaldweite Lärmfeuer“ alle Informationen:

  • die Veranstalter am 30.03.19 mit Programm, Ort und Ansprechpartner
  • was man wissen muß, um selbst ein Lärmfeuer zu veranstalten (mit Formular „Brauchtumsfeuer“
  • die historischen Hintergründe der Lärmfeuer
  • was die Römer vor fast 2000 Jahren in der Region machten
  • die Lärmfeuer-Veranstaltungen der letzten Jahre

Die Broschüre mit den Veranstaltungen 2019 kann gegen Einsendung von 2 Euro in Briefmarken angefordert werden bei Marieta Hiller, Waldstraße 2, 64686 Lautertal. Die Informationen auf der Internetseite wurden von ihr zusammengetragen, auch die Sammlung und Präsentation der Veranstaltungen wird von ihr organisiert.

Seien die Lärmfeuer nun historisch oder touristisch – auf jeden Fall sind sie eine tolle Gelegenheit, sich am Feuer zu begegnen und auf friedliche Weise das Lodern der Flammen zu genießen. M. Hiller

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